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Ruprecht-, Klausen- und Nikolausgedichte
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St. Nikolaus
Nun stellt eure Schuh' zum Fenster 'naus,
Es kommt der heilige Nikolaus!
Der legt euch im silbernen Sternenschein
Geheim die leckersten Gaben hinein.
Wohl mancher allzu schlimme Knabe
Erhält der Rute bitt're Gabe;
Doch mögt ihr "Großen" nicht vergessen,
Daß manchem von euch es wäre zum Heil,
Bekäme auch er einen guten Teil
Von - Nikolaushieben zugemessen! -
Franz Josef Zlatnik, 1871 - 1933
Knecht Ruprecht
Draußen weht es bitterkalt,
Wer kommt da durch den Winterwald?
Stipp-stapp, stipp-stapp und huckepack,
Knecht Ruprecht ist's mit seinem Sack.
Was steckt denn in dem Sacke drin?
Äpfel, Mandel und Rosin
Und schöne Zuckerrosen,
Auch Pfeffernüß für gute Kind,
Die andern, die nicht artig sind,
Klopft er auf die Hosen.
Martin Boelitz, 1874 - 1918
Klausen in Tirol
Ein Beben giebeliger Wellen springt
aus grauen, vielverschnörkelten Fassaden,
im Straßengrund mußt du durch Schatten waten,
in die der Tag von allem Anfang sinkt.
Und wenn der Abend von den Bergen hinkt,
um seine Glieder in der Nacht zu baden,
die hier auf dunklen, steinverbrückten Pfaden
den harten Bürgerhänden Ruhe bringt,
dann tönt aus jedem bohlenstarken Tor
einsickernd in des Wand'rers sachtem Lauschen
des Vogelweiders Zecherlied hervor,
und überjauchzt der Klosterglocken Ruf,
der Eisackfluten märchennahes Rauschen,
den Tritt von Menschenfuß und Rinderhuf.
Alfons Petzold, 1882 - 1923
Großvater als St. Nikolaus
"Weihnachten kommt. Von Haus zu Haus
Geht wieder um St. Nikolaus.
Stellt, Kinder, jedes seinen Schuh
Vors Fenster und seht morgen zu!
Mit Spielwerk und mit Zuckerkant
Füllt er den Schuh euch bis zum Rand."
Die Kinder stellen die Schühchen raus,
Großvater spielt St. Nikolaus . . . .
In dunkler Nacht um halber vier
Da trommelt's an die Kammertür.
Die Jungens brechen bei mir ein,
Auch Mausi stolpert hinterdrein.
Ja, selbst das Baby, daß es schrie,
Als stäk's am Bratspieß, weckten sie.
Im bloßen Hemdlein, unbeschuht,
Tanzt um mein Bett die wilde Brut.
Sechs Händchen suchen mein Gesicht;
"Guck, Großpapa, was ich gekriegt!"
Sechs Händchen stopfen mir - o weh! -
In jedes Ohr ein Praliné.
Sechs Händchen kleben mir im Nu
Mit Fruchtbonbons die Augen zu.
Sie machen mir noch den Garaus.
Der Kuckuck spiel' St. Nikolaus!
Adolf Ey, 1844 - 1934
Sankt Niklas und der Fischer
Ein Fischer, der hörig dem krizanen Stein,
Ruht abends bei Mondlicht am Strande;
Es spielten die Wellen mit glitzerndem Schein
Und huschten wie lockend zum Sande.
Da taucht aus dem schimmernden Wasser empor
Ein Weib, wie aus Düften gewoben:
"Komm, Knabe, wir singen und spielen im Thor!" -
So spricht sie, die Arme erhoben.
Im grünlichen Haar eine Schilfkrone blinkt -
Nie hat er ein Weib so gesehen -
Ihr schimmernd Gewand in den Wogen versinkt -
Nun schaut er sie dicht vor sich stehen.
Das Mondlicht bespiegelt den herrlichen Leib,
Die Augen wie Sterne hell sprühen -
Zum Fischer jetzt neigt sich das liebliche Weib:
"Du Kühler! - Dein Herzlein soll glühen!"
"Flink spiele die Pfeife! - Ich singe dazu -
"Dann tanzen wir hier auf den Wellen!
"In meinem Palaste zu süßester Ruh
"Sollst, Knabe, Du Dich mir gesellen!" -
Sein Pfeiflein aus Schilfrohr der Knabe ergriff
Und ließ es ganz sachte erklingen -
So fremd klang die Weise, so seltsam der Pfiff,
So lieblich der Wasserfrau Singen!
Doch wußte der Fischer wohl Altväter Mär
Von lockenden Nixen und Frauen -
Er dachte: "Für mich gibt es Hilfe nicht mehr!" -
Die Seele erfüllte ihm Grauen.
Schon greift nach dem Knaben die schimmernde Fei,
Umschlingt ihn mit eiskalten Armen -
Da ruft er, verzagend, den rettenden Schrei:
"Sankt Niklas! O, tu Dich erbarmen!" -
Da klang durch die Stille ein gellender Ton,
Das Glöcklein der Niklaskapelle;
Es sanken die Arme, es schwankte die Kron',
Die Nixe verschwand in der Welle.
Der Fischer sprang totbleich zum Schlosse hinan:
"Wer hat hier das Glöcklein gezogen? -
"Der hat mich erlöset aus zaub'rischem Bann -
"Ich läge nun tot in den Wogen!"
Doch alle erstaunten ob Kunde und Klang -
Hat niemand die Glocke gezogen -
Von selber bewegten sich Glöcklein und Strang -
Sankt Niklas ist Fischern gewogen!
Johanna Dirnböck-Schulz, 1850 - 1918
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